Märchen

Senzar

Gesellschaft, Sitten, Staaten und Sprachen ändern sich – aber Märchen werden nicht obsolet und wir lesen sie Kindern immer noch vor. Eine so lange Lebensdauer dieser Handlungen erklärt sich aus der Tatsache, dass sie symbolisch die wichtigsten psychologischen Probleme der Menschen widerspiegeln - unsere archetypischen inneren Konflikte.

Märchen berühren familiäre Beziehungen (z. B. Rivalität zwischen Geschwistern) und persönliche Probleme (Ausstieg aus der kindlichen Abhängigkeit, Selbstbestätigung, Bewusstsein der eigenen Verdienste). Eltern haben manchmal Angst vor sagenhafter Gewalt und Grausamkeit, moderne Kinderliteratur versucht oft, alles Schreckliche und Traurige zu vermeiden.

Gruselgeschichten sollten nicht aufgegeben werden: Indem sie die unbewussten Ängste des Kindes inszenieren, helfen sie ihm, sie zu erkennen und zu überwinden. Leichte Literatur, gereinigt von Leid und Grausamkeit, lehrt das Kind nur, seine Angst zu verbergen.

Der Reichtum des symbolischen Inhalts von Märchen macht sie zu einem hervorragenden Analysematerial.

Märchen sind ein direktes Spiegelbild der mentalen Prozesse des kollektiven Unbewussten und übertreffen daher
 in Bezug auf ihren Wert für die wissenschaftliche Forschung jedes andere Material. In Märchen erscheinen Archetypen in der 
einfachsten, reinsten und prägnantesten Form, dank derer uns archetypische Bilder den Schlüssel zum Verständnis der Prozesse
 liefern, die in der kollektiven Psyche stattfinden. In Mythen, Legenden oder anderem detaillierteren mythologischen Material
 verstehen wir die grundlegenden strukturellen Formationen der menschlichen Psyche und verstehen sie durch kulturelle Schichten.

Nach dem Konzept von C. G. Jung ist jeder Archetyp im Wesentlichen ein unbekanntes mentales Phänomen, und daher ist
es unmöglich, den Inhalt des archetypischen Bildes irgendwie zufriedenstellend in die Sprache des Denkens zu übersetzen.
Am besten versucht man in diesem Fall, es entweder anhand der eigenen psychischen Erfahrung zu beschreiben,
oder anhand von Daten aus Vergleichsstudien, in denen sozusagen die ganze Assoziationskette rund um die Urbilder deutlich
wird. So ist das Märchen selbst seine beste Erklärung und seine Bedeutung liegt in der Gesamtheit der Motive,
die durch den Verlauf der Entwicklung des Märchens vereint werden.

Im Blog werde ich Beispiele von den bekannten Märchen aus dem Blickwinkel der analytischen Psychologie beschreiben.